Nordseeküstenradweg

Für die diesjährige Radtour haben wir uns die Nordsee ausgesucht. Den Nordseeküstenradweg von Leer bis nach Hamburg werden wir radeln, auch wenn uns bewußt ist, dass der Wind hier ständiger Gast ist. Als Abschluß werden wir in Hamburg Familie und Freunde treffen und an der Elbe spazieren gehen. Anschließend gehts mit dem Zug von Hamburg über Bremen zurück nach Leer und um dort noch einmal zu übernachten, bevor wir nach Hessen zurückfahren.

Schon die Buchungen der Unterkünfte waren unter Corona-Bedingungen eine Herausforderung, denn viele Pensionen waren im Frühjahr noch geschlossen und niemand konnte sagen, ob und wann sie wieder öffnen. An der Nordsee werden ohnehin überwiegend Ferienwohnungen angeboten und nicht gerne für einen Tag vermietet. Trotzdem haben wir es geschafft und uns am 15.Juni auf den Weg gemacht – die Räder wie immer auf dem Dach sicher verstaut. Die knapp 600 km nach Ostfriesland konnten wir durch einen Zwischenstopp bei unserer Schwägerin in Büderich bei Düsseldorf halbieren.

So sind wir am 16.Juni nach dem Frühstück ganz entspannt aus dem Rheinland losgefahren und bei herrlichstem Sonnenschein bereits um 11.30 Uhr in Ostfriesland im Hotel SophienCafe in Leer angekommen. 3 Bambis und ein Hase wurden während der Fahrt gesichtet. Die Räder bekamen eine eigene Garage. Das Zimmer war groß und sauber. Nur kurz duschen und dann zu Fuß ab Richtung Altstadt und Hafen. Viele kleine Geschäfte und das Teemuseum der Firma Bünting lagen am Weg. Überhaupt ist Leer eine wirklich hübsche kleine Stadt mit viel Charme. Mit einem Spiel für unsere Kinder als Mitbringsel und für uns 2 Lakritzlikör als Absacker am Abend konnten wir den Umsatz des örtlichen Gewerbes noch ein wenig steigern. Direkt am Wasser im Museumshafen haben wir uns dann mit den ostfriesischen Hopfenspezialitäten (Störtebeker Pils) vertraut gemacht, denn inzwischen war das Thermometer auf 28 Grad im Schatten geklettert und trinken ist dann besonders wichtig.

Nach einem ausgiebigen Rundgang durch die Stadt meldete sich am Nachmittag der kleine Hunger und wir kehrten im Restaurant Tatort ein. Wir hatten uns für die Radtour ohnehin vorgenommen, wo immer es geht, lecker Fisch zu essen und deshalb bestellte ich mir Matjes auf Pumpernickel (sehr lecker). Meiner besseren Hälfte war noch nicht nach Fisch und sie orderte Kartoffelspalten mit Kräuterquark. Am frühen Abend machten wir uns auf den Rückweg zur Unterkunft und liessen den Tag auf der Hotel eigenen Terrasse ausklingen. Kaltgetränke gab es in Selbstbedienung im Hotel. Die Aufregung war groß, denn morgen sollte die Tour richtig losgehen. Noch die heutigen Eindrücke im Tagebuch festhalten, den Lakritzlikör testen (auch sehr lecker) und danach kurz Nachrichten schauen und dann gute Nacht sagen. Was uns wohl Morgen erwarten wird?

Von Leer nach Greetsiel (79,9 km)

Die Nacht verlief ruhig und wir haben gut geschlafen. Trotzdem waren wir ziemlich früh wach. Egal, erst einmal Zeitung auf dem Handy lesen und eine erste Tasse Kaffee geniessen. Ich habe geduscht, mich angezogen und danach einen Parkplatz für unser Auto ausserhalb des Hotels gesucht, denn das Hotel verlangte 6,-€ pro Tag und das war uns zu teuer. Direkt gegenüber in einer kleinen Seitenstrasse wurde ich fündig. Zum Glück konnten wir früher frühstücken. Danach die Räder aus der Garage holen, aufsatteln (wir haben als Neuerwerbung jeder einen Seesack, der erst noch beweisen muss, dass er wasserdicht ist), Zimmer bezahlen und bereits um 8.05 Uhr waren wir reisefertig und unterwegs.

Zur Unterstützung haben wir die komplette Tour auf dem GPS-Gerät dabei. Es konnte also nicht passieren auf der 1. Etappe. Zunächst überqueren wir die größte Klappbrücke Europas, denn der Radweg verläuft zunächst auf der linken Seite der Ems. Bis 11.00 Uhr wollen wir die Fähre in Ditzum erreichen, denn sonst ist dort für 2 Stunden Mittagspause. Genau so haben wir es uns vorgestellt, bei bestem Wetter mitten duch die Schafe den Deich entlang. Noch sind wir an der Ems, aber hinter Emden wartet die Nordsee auf uns. Hoffentlich ist nicht gerade Ebbe.

Die Schafe sind wirklich sehr entspannt. Sie sind Touristen gewöhnt und machen nur unter Protest Platz. Schnell passieren wir Jemgum. Hier haben wir auf unser Fehnroute 2010 mal eine Pause eingelegt und etwas gegessen. Leider existiert das Lokal nicht mehr. Das Wetter ist heute wirklich sehr gut und wir kommen so gut vorran, dass wir die Fähre in Ditzum bereits um 10.00 Uhr erreichen. Nach kurzer Überfahrt schlengeln wir uns durch Emden und ich kaufe in einem kleinen Laden für jeden ein Kaltgetränk. Am Ortsausgang treffen wir einen älteren ostfriesischen Radfahrer und kommen mit ihm ins Gespräch, auch wenn er manchmal schwer zu verstehen war. Er fragt nach unserem Tagesziel und begleitet uns dann zur Route den Deich entlang, denn wir wollen, wenn möglich, immer am Wasser fahren, denn dafür sind wir hier.

Die Nordsse ist erreicht, aber leider ist das Wasser weg. Die Sonne scheint jetzt kräftig und Schattenplätze sucht man auf dem Deich vergebens. Ich fahre heute mal „Oben ohne“, denn wir treffen kaum auf Menschen. Unser Wasser am Fahrrad erreicht fast den Siedepunkt und ich versuche irgendwo an frische Kaltgetränke zu kommen. Unsere Frühstückspause ist überfällig, denn es ist schon 12.30 Uhr. Normalerweise steuern wir um diese Zeit einen schattigen Biergarten an, aber hier gibt es weit und breit keine Möglichkeit zur Einkehr. Unter einem alten, rostigen Rohr, das nur einen schmalen Schatten wirft und über den Deich ins Meer führt, geniessen wir unser Brötchen und die Reste des Brause und schauen dabei auf die Nordsee. Dann geht es weiter.

Wir sind ganz alleine und fahren jetzt am Wasser Richtung Norden, immer auf der Suche nach einem lauschigen Biergarten oder wenigstens einem Melkhuus. Als wir rechts ins Landesinnere abbiegen, entdecke ich einen Campingplatz. Hier wird es doch sicher einen Kiosk mit kalten Getränken geben. Als wir den Platz betreten, stellen wir ernüchternd fest, es ist Mittagsruhe und hier ist wirklich alles im Schlafmodus. Trotzdem dürfen wir uns an einer Zapfstelle kaltes Wasser holen, denn auch die Toiletten sind verschlossen. Wir setzen uns vor dem Kiosk hin und kommen mit den Arbeitern ins Gespräch, die bei dieser Hitze Rohre verlegen müssen. Ein kleiner Hund setzt sich zu uns und bekommt Schmackos aus der Lenkertasche. Noch zwei frische Flaschen Wasser gezapft und dann geht es weiter.

Wir erreichen die Krummhörn. Jetzt ist es nicht mehr weit nach Greetsiel, aber die Sonne scheint heute wirklich erbarmungslos. Jetzt kommen kleinere Orte, hoffentlich mit einem kleinen Lokal oder wenigstens einem Imbiss, wo wir eine Pause einlegen können. In Pilsum entdecke ich einen Wegweiser, auf dem steht „Alte Brauerei“. Es klingt wie Musik. Hoffentlich hat der Laden geöffnet. Ein kleiner Anstieg. Ich fahre erst einmal allein vor und tatsächlich, ein herrlicher kleiner Biergarten, menschenleer, aber geöffnet, wartet auf uns. Schnell hole ich meine bessere Hälfte nach. Wir stellen die Räder in einen Fahrradständer.

Der Tag scheint gerettet, als eine Windböe plötzlich das Rad meiner Frau mit dem Gepäck umschmeisst und dabei das Vorderrad derart verformt, dass eine Weiterfahrt unmöglich ist. Nicht einmal Schieben ist noch machbar. So ein Pech! Was tun? Die erste Etappe und schon alles vorbei? Erstmal hinsetzen und Kaltgetränke bestellen. Ein großes Glas Wasser mit Eiswürfel und danach ein Bier. Wir sind ca. 7 km von unserem Tagesziel (Greetsiel) entfernt, aber wie sollen wir da hinkommen? Wo gibt es eine Werkstatt, die uns helfen kann? Ein Blick ins Handy und tatsächlich gibt es nur wenige Meter entfernt einen Fahrradverleih. Der kann uns doch bestimmt helfen – dachte ich. Leider sah sich der freundliche Mann nicht in der Lage, das Rad meiner Frau abzuholen, denn er hatte kein Fahrzeug zur Verfügung. Er gab mir aber einen wertvollen Tipp. Es gibt eine „richtige“ Werkstatt in Pewsum, die auch eine Aussenstelle in Greetsiel hat. Nach mehreren Telefonaten blieb das Problem – wie kommt das Rad nach Greetsiel, denn erst dort gibt es Grund zur Hoffnung? Inzwischen erreichten weitere Radfahrer die alte Brauerei. Die Schattenplätze waren rar und ein nettes Ehepaar (Susanne & Ludwig) setzte sich zu uns an den Tisch. Schnell kamen wir ins Gespräch und der Mann bot uns spontan seine Hilfe an. Nach einer Runde Bier und einem Stück Kuchen war die „Pause“ beendet und ich radelte mit Ludwig nach Greetsiel. Ich checkte im Hotel „Hohes Haus“ ein, stellte mein Rad unter und wir fuhren gemeinsam mit seinem Auto zurück, um das Rad meiner Frau zu holen. Es klappte super und wir waren noch vor 18.00 Uhr beim Fahrradverleih Mentjes, damit unser kaputtes Rad noch mit nach Pewsum in die Werkstatt genommen werden konnte. Wir erzählten von unserem Mißgeschick, aber der Mechaniker sagte nur trocken:“Erst wenn die Schafe keine Locken mehr haben ist Wind“. Man versprach uns, alles zu versuchen, damit das Rad bis Morgen wieder einsatzbereit ist. Hoffentlich klappt es.

Mehr konnten wir im Moment nicht machen – nur hoffen. Wir bedankten uns noch einmal bei Susanne und Ludwig für die Hilfe und gingen erst einmal aufs Zimmer. Auspacken und duschen standen auf dem Programm und dananch schön Fisch essen gehen. Das Hotel liegt mitten im Ort und es war viel los auf den Strassen und in den Lokalen. Im Käpt´ns Dinner haben wir nach kurzer Wartezeit 1xSchollenfilet und 1xNordseekrabben bestellt. Es war superlecker. Danach haben wir zur Entspannung (denn der Tag hatte es wirklich insich) noch einen ausgiebigen Spaziergang durch den Ort gemacht und am Schluß auf einen Absacker im Hafenkieker vorbeigeschaut. Jetzt war es Zeit, die Beine hochzulegen und den ereignisreichen Tag zu beenden. Hoffentlich können wir Morgen unsere Tour fortsetzen. Gute Nacht.

Von Greetsiel nach Neuharlingersiel (72,6 km)

Natürlich waren wir wieder recht früh wach und eine Frage stand im Raum „Was machen wir, wenn das Rad nicht einigermaßen frühzeitig fertig wird“? Ich war zuversichtlich, dass alles klappen wird. Schließlich hatte ich gestern alle Register gezogen, auf die Dringlichkeit hingewiesen und intensiv auf den Mechaniker eingeredet. Eine erste Tasse Kaffee, duschen, Sachen packen und einen Spaziergang durch den Hafen, um Bilder für unser Fotobuch zu machen, wenn es denn eines geben wird, denn wenn wir heute hier die Tour beenden müssen, lohnt sich kein Buch. Danach um 8.00 Uhr lecker frühstücken (leider ohne Krabben).

Um 9.00 Uhr habe ich in der Werkstatt angerufen und gute Nachrichten erhalten. Man sei optimistisch, das Rad wieder hinzubekommen und bis 10.00 Uhr nach Greetsiel bringen zu können. Der Stein, der uns da von der Seele gefallen ist, war sicher bis nach Pewsum zu hören gewesen. Alles klar. Wir beladen das verbleibende Rad mit allen Taschen und schieben alles gemütlich zur Verleihstation und pünktlich um 10.00 Uhr können wir das Rad mit einem neuen (gebrauchten) Vorderrad wieder in Empfang nehmen. Vielen Dank noch einmal an die Firma Fahrrad Mentjes für die schnelle Lösung. Die Freude war groß, denn jetzt können wir die Reise fortsetzen. Was soll jetzt noch passieren? Eigentlich nichts.

Von Greetsiel aus sind wir fast immer am Deich gefahren und der Wind kam noch von vorn. Diesmal gab es dafür aber die eine oder andere Einkehrmöglichkeit und so gegen 14.00 Uhr konnte in Nessmersiel den noch warmen Ostfriesischen Butterkuchen probieren. Schon wieder eine leckere Erfahrung. Heute ist das Wetter nicht so heiß. Es ist trocken und nur so um die 20 Grad. Ca. 2 Stunden später brauchen wir in Bensersiel eine weitere Pause, denn inwischen haben wir Gegenwind und der trocknete uns aus. Hier ist sehr viel los, denn von Bensersiel fährt die Fähre nach Langeoog und es gibt einen riesigen Camping-Platz mit Riesenrad. Das ist uns zu voll. Wir fahren nach kurzer Pause weiter.

Um 17.15 Uhr erreichen wir Neuharlingersiel. Im Hotel Meerblick haben wir reserviert. Der Schlüssel ist mit einem Code gesichert in einem Kasten hinterlegt. Leider gebe ich den Code zunächst falsch ein und der Kasten will sich nicht öffnen. Ein kurzer Anruf bei Frau Beyermann (die Chefin) genügt und ich halte die Schlüssel für unser Zimmer und den Fahrradschuppen in der Hand. Das Haus ist mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Wir haben das Zimmer „Wangerooge“. Es ist groß und hell und sehr sauber mit Dachterasse. Außerdem gibt es schöne weiche Kopfkissen. Wir machen uns kurz frisch und wollen dann den Ort erkunden, denn im Gegensatz zu Greetsiel waren wir hier vorher noch nicht. Neuharlingersiel hat einen ähnlichen Hafen wie Greetsiel. Auch hier liegen die Krabbenkutter direkt vor den Restaurants. Das Wetter am Abend ist noch sehr schön und wir können draußen sitzen und im Restaurant Rodenbäck lecker essen (1x Rotbarsch mit Senfsoße und 1xRosmarinkartoffeln mit Quark. Danach zurück zum Hotel und noch etwas Fernsehen. Gegen 21.00 Uhr klopf es an unser Tür und der Mann der Besitzerin bittet um Entschuldigung für die Störung. Es wird eine stürmische Nacht erwartet (Nordsee eben) und er wollte nur schnell Stühle und Schirm auf der Terrasse in Sicherheit bringen.

Von Neuharlingersiel nach Wilhelmshaven (58,1 km)

In der Nacht zieht ein Gewitter über uns weg. Trotzdem haben wir recht gut geschlafen. In der Pension war es sehr ruhig. Wie immer habe ich am Morgen mit meinem kleinen Gaskocher eine erste Tasse Kaffee gezaubert und meiner Gattin am Bett serviert. So ist sie es gewöhnt. Dann haben wir uns über die wichtigsten aktuellen Nachrichten informiert und uns danach im Bad erfrischt. Pünktlich um 8.00 Uhr ging es runter zum Frühstück, das wir bereits gestern schriftlich vorbestellt haben, aber nur, ob wir Kaffee oder Tee wollen und wieviel Brötchen und welche Sorten wir gerne hätten. Alles andere stand schon auf dem Tisch, als wir in den kleinen Frühstücksraum kamen. Sogar Krabben gab es und die Eier waren extra für uns mit „Gute Fahrt“ verziert. Die liebevolle Umsorgung der Gäste ist auch hier deutlich zu spüren.

Um 9.00 Uhr machen wir uns auf dem Weg nach Wilhelmshaven. Heute ist es bedeckt, aber dafür haben wir überwiegend Rückenwind und kommen dadurch sehr gut voran. Es dauert nicht lange und die Sonne kommt hervor. Wir steigen auf ärmellose Shirts um. Heute werden wir den Nordseeküstenradweg zeitweilig verlassen, denn wir wollen weiter am Wasser bleiben und nicht über Jever fahren, auch wenn ein Halt bei der Brauerei verlockend wäre, zumindest für mich.

Wir kommen durch verschiedene kleine Küstenorte (Harlesiel, Horum, Horumersiel, Hooksiel), in denen es vor Touristen nur so wimmelt. Riesige Camping- und Parkplätze, soweit das Auge reicht. Hier möchten wir uns nicht länger aufhalten. In Horumersiel, direkt im Hafen, konnte ich aber trotzdem einem Fisch-Imbiss nicht widerstehen und musste eine Fischfrikadelle probieren. Es war schon 11.30 Uhr und da steht eigentlich immer eine erste Pause auf dem Programm. Dazu gabe es ein Watt´n Bier der 1. Europäischen Nordsee-Brauerei. Ein dunkles Bier, das wir empfehlen können. Gestärkt geht es weiter.

Jetzt ändert sich unsere Fahrtrichtung mehr nach Osten und damit auch die Windrichtung. Ab jetzt kommt der Wind mehr von der Seite, aber immer noch o.k. Gegen 13.30 Uhr erreichen wir den Ortsrand von Wilhelmshaven. Wir machen vor einer großen Sporthalle halt und essen unser Brötchen. Inzwischen ist wieder richtig heiß geworden und die Pause tut gut. Nicht übertreiben, ist die Devise. Zum Hotel durchfahren wir den schön angelegten Kurpark und erreichen zügig die Unterkunft. Wir haben ein Zimmer im „Wilhelms Haven-Hotel“ (Achtung Wortspiel) gebucht. Wir werden freundlich begrüßt und können unsere Räder in einer abschließbaren Garage unterstellen. Wir beziehen unser Zimmer und es gelingt mir, zwei frisch gezapfte Pils vom Restaurant ins Zimmer zu schmuggeln. Ein erster Kontakt zur Servicekraft im Restaurant war hergestellt. Das war wichtig, denn heute Abend steht die Fußballübertragung Deutschland-Portugal an und wir wollen es uns in der Hotelbar anschauen und da sind gute Plätze von Vorteil.

Nach dem Frischmachen und den letzten Minuten der Partie Ungarn-Frankreich in TV (1:1) machen wir uns zu Fuß auf den Weg zum Hafen. Irgendwo am Hafen gemütlich Fisch essen – war der Plan. Denkste, bei glühender Hitze haben wir irgendwann den Hafen umrundet und nicht ein einziges Lokal gefunden. Der Weg war doch länger als gedacht und wir laufen zurück zum Hotel, denn auch hier kann man essen und danach schön Fußball schauen (natürlich im Trikot). Es gibt Kabeljaufilet mit Kartoffelsalat und einen Fitnessteller mit Rotbarsch- und Schollenfilet, sehr lecker. Jetzt aber ab in die Bar, denn das Spiel beginnt. Wir gewinnen 4:2 und können am Ende beruhigt auf unser Zimmer gehen. Fußballschauen mit anderen Fans macht einfach mehr Spaß. Zum Abschalten auf Bett und einen alten Krimi schauen und zufrieden einschlafen. Bis Morgen.

Von Wilhelmshaven nach Burhave (73,5 km)

Nachts zieht wieder ein Gewitter über uns weg. Trotzdem schlafen wir nicht schlecht. Heute ist Sonntag und draussen ist kaum Verkehr. Für einen ersten Kaffee steht uns eine Kapselmaschine zur Verfügung und so kann ich meiner Frau einen Voluto (von George C.) servieren. Meine 1.Kapsel verschwindet im Nirvana. Der 2. Versuch klappt dann. Ein Blick aus dem Fenster sagt uns, es sieht feucht aus, wird aber langsam heller. Einfach optimistisch bleiben, sonst wirds anstrengend. Jetzt erstmal ins super moderne Bad und waschen, „aufhübschen“ und anschließend runter zum Frühstück. Das Angebot ist sehr umfangreich und echt lecker. Danach Räder aus der Garage holen, Gepäck drauf, Rechnung bezahlen usw. alles wie jeden Tag.

Heute werden wir den Jadebusen komplett umrunden, denn die Fähre von Wilhelmshaven quer rüber nach Eckwarderhörne fährt nur 3-4mal im Monat und erst wieder am 2.Juli. Den Wind werden wir heute aus allen Richtungen kennenlernen, denn wir wechseln oft die Richtung. Um am Wasser zu bleiben, weichen wir etwas vom Kurs ab. Vom Hotel ist es nicht weit zum Radweg und schnell sind wir wieder auf dem Deich und bahnen uns einen Weg durch die Schafe. Wir kommen gut voran, aber der Wind bläßt ganz schön. Wir hoffen auf Besserung, wenn wir auf „Nordwest“ drehen. Am Mündungsschöpfwerk in Jade nehmen wir noch einen Cache mit und müssen eine kurze Umleitung fahren.

Gegen 13.30 Uhr sind wir fast am Ende des Jadebusens angekommen und müssen einen Schotterweg fahren, Nach einigen Kilometern ist plötzlich Schluß und ein Eisentor versperrt uns die Weiterfahrt. Ein Hinweisschild am Anfang des Weges wäre hilfreich gewesen, war aber nicht. Jetzt brauchen wir Kreativität und eine schnelle Lösung. Zurückfahren kommt nicht in Frage, denn bei dem Wind ist jeder zusätzliche Kilometer nervig. Also bleibt nur: das gesamte Gepäck runter vom Rad – die Räder über das Tor heben, wieder beladen und dann weiter. Genauso machen wir es.

Ab jetzt sind wir auf der Halbinsel Budjadingen. Wir kommen durch einige kleine Touristenorte. Auch hier ist alles total überlaufen. Wir fahren nur durch. Kurz vor Fedderwardersiel kommen wir an einem Melkhus vorbei. Es ist tatsächlich geöffnet und erfreut sich großer Beliebtheit. Einige Tische und Stühle laden zum Verweilen ein. Ich nasche einen Milchreis mit Früchten und probiere die frische Milch. Echt gut und sehr zu empfehlen. Auf unserer letzten Tour durch Ostfriesland standen wir immer vor verschlossenen Türen. So ist es viel besser.

Natürlich ist die Tour auch heute etwas länger als geplant, statt 65 km sind es 73,5 km. Trotzdem erreichen wir die Pension Buchholz in Burhave bereits um 16.15 Uhr. Die Unterkunft liegt am Ortseingang. Die Eigentümer haben das Haus ganz neu übernommen und wohnen eigentlich noch in Hamburg-Eimsbüttel. Wir werden sehr freundlich begrüßt und bekommen gleich einen Touristenausweis. Leider werden wir die Vergünstigungen nicht in Anspruch nehmen können. Für die Räder gibt es einen Schuppen. Das Zimmer ist groß, aber etwas dunkel, dafür aber ruhig und mit Terasse. Auspacken, frisch machen und mit den Kindern telefonieren, damit sie beruhigt sind. Danach fahren wir mit dem Rad in den Ort. Auch hier ist alles sehr touristisch. Wir gehen lecker griechisch essen (nostima), machen danach einen Rundgang durch den Ort und am Deich entlang. Hier stehen die Strandkörbe nicht auf weissem Strand, sondern auf grünem Rasen. Ein Hase hoppelt dazwischen (zählt!). Der Wind ist immer noch recht stark und das Wasser ist auch gerade nicht da. Für Kite-Surfer ist das hier ein Paradies. Dann fahren wir gemütlich zurück zur Pension. Es ist Sommer und das Zimmer entsprechend aufgeheizt. Durch intensives Lüften können wir die Temperatur senken, aber die „mittelschwere Bieber-Bettwäsche ist nicht wirklich der Jahreszeit entsprechend. Ein Polizeiruf 110 zum Abschalten und dann fallen uns die Augen zu. Der Kampf mit dem Gegenwind hat heute Spuren hinterlassen. Gute Nacht.

Von Burhave nach Cuxhaven (20,5 km !)

Die Nacht verlief sehr ruhig. obwohl man den Wind deutlich gehört hat. Der Morgen beginnt nicht gut, denn ein Blick aus dem Fenster auf unsere Terrasse zeigt, zum Wind ist jetzt auch noch kräftiger Regen dazu gekommen – beides natürliche Feinde der Radfahrer. Was machen? Heute wartet eigentlich die Königsetappe nach Cuxhaven auf uns, aber unter diesen Bedingungen werden wir keinen Spaß haben. Also überlege ich mir eine Notlösung. Wir könnten auf die Bahn umsteigen, aber die fährt erst ab Bremerhaven und bis dahin sind es ca. 15 km. Vorher müssen wir in Blexen die Fähre erreichen. Hier in Burhave fährt allenfalls ein Bus, aber wann und wohin?

Wir gehen erst einmal frühstücken und hoffen, dass der Regen nachläßt. Kim (die Besitzerin) hat ein einfaches Fühstück vorbereitet, dieses aber liebevoll serviert. Wir haben jetzt ganz andere Sorgen. Leider wird es draußen nicht heller. Es hilft nichts, wir ziehen die Regensachen an und machen uns auf den Weg nach Blexen. Der Wind kommt zum Glück von hinten und schiebt uns. Wir erreichen die Fähre um 10.15 Uhr. Dabei lernen wir zwei Frauen kennen, die auch auf Tour sind und heute mit der Bahn nach Cuxhaven wollen. Es ist schweinekalt auf der Fähre. Wir haben nur eine kleine Ecke zum unterstellen. Wenn wir drüben sind, möchte ich versuchen, den Imbiss Fisch 2000 zu finden, um dort wenigstens ein Fischbrötchen zu essen, denn den kenne ich aus dem Fernsehen. Irgendwo im Fischereihafen soll er sein. Das Essen soll dort echt lecker sein. Ich habe die genaue Adresse, kann aber wegen des Regens nicht einmal die Strassennamen erkennen. Ständig sind wir „am Brille abwischen“. Uns gehen die Taschentücher aus. Deshalb beschliessen wir, direkt zum Haupbahnhof zu fahren, denn da ist es trocken und nicht so kalt.

Es dauert nicht lange bis wir dort sind. Fahrkarte kaufen (21,60 € inkl. Räder). Als wir am Bahnsteig ankommen, steht der Zug schon da. Es gibt ausreichend Platz für die Räder, obwohl doch einige Radler auf die Bahn umgestiegen sind. Endlich können wir uns etwas aufwärmen, denn wir sind naß bis auf die Haut. Um 11.36 Uhr fahren wir pünktlich ab. Die Fahrt dauert nur 51 Minuten. Der Regen läßt nicht nach und wir sind froh, auf die Bahn ausgewichen zu sein. Während der Fahrt sehen wir Rehe auf den Wiesen (zählt auch!).

Als wir in Cuxhaven ankommen, regnet es immer noch, aber das Hotel Deichvogt ist nicht weit entfernt. Die Zimmer stehen uns leider erst ab 14.00 Uhr zur Verfügung. Das hätte im Normalfall ja auch gereicht, aber wir sind jetzt früher da und eine heiße Dusche wäre echt super. Freundlicherweise dürfen wir im Frühstücksraum des Hotels warten und bekommen sogar einen (oder zwei) heißen Milchkaffee (spendiert). Die Räder sind in einer Garage im Hof sicher untergestellt. Als wir endlich ins Zimmer können, versuchen wir, unsere Klamotten großflächig im gesamten Raum zu verteilen, damit sie trocknen, denn Morgen werden sie wieder gebraucht.

Nach einer Dusche und mit trockenen Sachen machen wir uns auf, Cuxhaven zu erkunden und einzukaufen, denn wir brauchen dringend Taschentücher sowie Batterien und etwas zum Naschen für den Abend. Der Regen macht eine kurze Pause. Natürlich gehen wir auch zur „Alten Liebe“, ein Muss für alle Besucher. Für eine kleine Pause in einem Kaffee ist noch Zeit, bevor der Regen zurückkommt. Am Abend gehen wir ins Fischrestaurant „Hus op´n Diek“ und essen beide sehr lecker Fisch (1x Seelachs mit Senfbutter und 1x Rotbarschfilet mit Kartoffelsalat). Dieses Lokal können wir wärmstens empfehlen – sehr nette Bedienung und eine günstige Mittagskarte, die noch bis in den Abend gilt. Danach gehen wir noch durch den Fischereihafen und dann zurück zum Hotel. Ab ins Bett und tief unter der Decke vergraben schauen wir noch einen Film zum Abschalten, trinken noch etwas, naschen die gekauften Salmis und schlafen schnell ein. Draußen regnet es und der Wind ist deutlich zu hören. Hoffentlich ist es Morgen trocken und der Wind kommt aus der richtigen Richtung. Gute Nacht.

Von Cuxhaven nach Stade (85,5 km)

Wir schlafen gut, obwohl das Zimmer von den letzten warmen Tagen etwas aufgeheizt war. Für unsere Trocknungsaktion war es hilfreich, denn bis auf Jeans und Schuhe ist alles wieder trocken. Draußen scheint tatsächlich die Sonne, aber es ist recht kalt. Heute ist also wieder „Zwiebel-Look“ angesagt. Ein sehr gutes Frühstück erwartet uns im Erdgeschoß. Wir nehmen auch heute, wie jeden Tag, jeder ein üppig belegtes Brötchen (oder Brot) sowie etwas Obst als Wegzehrung mit und bereiten die Abfahrt vor. Unser nächstes Ziel ist Stade. Geplant sind ca. 65 km. Wir fahren zunächst auf dem Deich die Elbe entlang und biegen dann ab Otterndorf ins Landesinnere. Damit haben wir ein weiteres kleines Stück vom Elberadweg für die Statistik geschafft. Bei herrlichem Sonnenschein und mit dicker Jacke kommen wir sehr gut voran. Kurz bevor wir Cuxhaven verlassen, kommen wir an der „Dicken Berta“, einem kleinen Leuchtturm, vorbei, eines der Wahrzeichen. Dort treffen wir auf einen Schäfer und kommen mit ihm ins Gespräch. Er erzählt uns, dass es auch hier Wölfe gibt und er dadurch schon Schafe verloren hat.

Seit wir nicht mehr an der Nordsee sind, müssen wir jetzt alle paar hundert Meter eine Gattertür öffnen und können nicht mehr einfach durchfahren. Sehr umständlich. Kurz bevor wir den Deich verlassen, muß sich meine Frau wieder einmal als Tierretterin betätigen und ein Schaf umdrehen, denn alleine hätte es das vielleicht nicht geschafft. In dem kleinen Ort Osterbruch entdecken wir einen Tante-Emma-Laden mit einem Tisch und Bänken im Vorgarten. Es ist kurz nach 11.00 Uhr und damit Zeit für eine Pause. Für kleines Geld ein kaltes Getränk gekauft und ein paar Minuten verschnaufen. Eine Frau aus dem Dorf begrüßt uns freundlich und freut sich, dass wir hier sind und etwas verzehren und somit den Fortbestand des Ladens sichern. Sie schaut sich unsere Räder mit dem Gespäck genau an und fragt, wo denn der Motor sei. Ja, wir wurden auf der Tour mehrfach ungläubig angesehen, wenn wir versicherten, keine Motorunterstützung zu haben.

Ausgeruht kommen wir jetzt durch die Wingst und sind von der hügeligen Landschaft überrascht. Es geht ständig rauf und runter. Neben dem Zoo machen wir kurz halt und essen unser Brötchen. Jetzt ist uns warm und denn der Blutdruck ist leicht erhöht. Weiter gehts durch Hemmoor und über die Oste. Hier waren wir schon einmal auf der Tour durch das Teufelsmoor vorbei gekommen. Mit Freude sehen wir, dass im Ort Oste das Fährhaus an der Schwebefähre renoviert wird und sicher bald wieder öffnen wird. Wir kehren im Cafe Central ein und geniessen bei herrlichstem Sonnenschein die Außengastronomie. Leider konnten wir in der genau gegenüber liegenden Kirche keine Kerze aufstellen, aber eine Spende hat sicher die gleiche Wirkung gehabt.

Eine gute Stunde später erreichen wir Himmelpforten und die dortige „Klönstuv“. Nach dem ich auf der Speisekarte eine große Currywurst entdeckt habe, konnte ich nicht widerstehen und mußte probieren. Schnell kamen wir mit einem Gast (Heinz) am Nebentisch ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass er auch „Postler“ ist und sogar ebenfalls im Postamt Hamburg 54 gearbeitet hat. Wir konnten uns sogar noch an gemeinsame Kollegen erinnern. Die Welt ist klein. Wir mussten aber aufpassen, uns nicht zu verquatschen, denn noch waren wir nicht am Ziel. Ca. 15 km sind es noch bis Stade. Sollte bei diesem herrlichen Wetter kein Problem sein.

Um 17.15 Uhr kommen wir in Stade an und stehen vor einem über 500 Jahre alten Fachwerkhaus, dem Hotel Störtebeker. Wir werden vom Besitzer (Herr Baumann) sehr freundlich in Empfang genommen und dürfen unsere Räder im Restaurant abstellen, das wegen der Pandemie immer noch geschlossen ist. Wir bekommen ein großes Zimmer unter dem Dach mit Balkon und riesigem Bad. Überall im Haus wird noch gewerkelt, denn Herr Baumann nutzt mit seinem Vater die Lockdown-Zeit und baut weitere Zimmer aus. Wir scheinen fast die einzigen Gäste zu sein. Die Bauarbeiten werden aber während unseres Aufenthalts unterbrochen.

Nach Auspacken und Duschen steht ein Rundgang durch die Altstadt auf dem Programm. Das Hotel liegt nur 2 Geh-Minuten vom Zentrum, dem Hafen und dem berühmten Kran entfernt. Die meisten Geschäfte sind leider schon geschlossen (18.30 Uhr), aber die Lokale laden zum Verweilen ein. Wir entscheiden uns für ein griechisches Restaurant, in dem es zu meiner großen Überraschung erneut eine Currywurst zu probieren gibt, diesmal aber mit Pommes – war ganz hervorragend.

Stade ist eine sehr hübsche Stadt mit sehr vielen liebevoll restaurierten Fachwerkhäusern rund um den alten Hafen. Es gibt zahlreiche Lokalitäten, die bei so schönen Wetter auch gut besucht waren.

Statt der geplanten 65 km sind es heute über 85 km geworden. Das ist viel, war aber nicht schlimm, sondern sehr abwechslungsreich und einfach nur schön. Damit ist das heute die Königsetappe geworden, denn Morgen steht nur noch eine kleine Fahrt nach Hamburg auf dem Programm und das ist nicht mehr weit.

Zurück zum Hotel und noch etwas abschalten. Wir geniessen die Ruhe im Haus. Dieses alte Haus ist so gut isoliert, dass es im Zimmer nicht so warm ist, obwohl wir direkt unter dem Dach schlafen. Gute Nacht für heute.

Von Stade nach Hamburg (44 km)

Wir haben gut geschlafen. Es war absolut ruhig. Da wir wie immer recht früh wach sind, machen wir uns fertig und schlendern noch vor dem Frühstück durch die Stadt. Die Sonne scheint und wir wollen im Hafen noch einige Fotos machen. Rechtzeitig um 8.00 Uhr sind wir zurück im Hotel und geniessen das üppige Frühstück mit allerlei Fischspezialitäten. Danach beichten wir den kaputten Seifenspender, beladen die Räder und machen uns auf den Weg, nicht ohne uns noch einmal bei Herrn Baumann für die Gastfreundschaft zu bedanken. Auch ein Abschiedsfoto nehmen wir noch mit. Es ist kurz vor 9.00 Uhr, eigentlich wie immer.

Heute fahren wir durch das „Alte Land“ immer möglichst dicht an der Elbe und werden hinter dem Airbus-Gelände an der Haltestelle Rüschpark mit dem Hafendampfer nach Teufelsbrück übersetzen. Bei schönstem Wetter finden wir schnell den Weg raus aus Stade. Hier hat es uns sehr gut gefallen. Am Deich treffen wir endlich wieder auf Schafe und kommen an vielen tollen Höfen der Obstbauern vorbei. In Ottenbüttel legen wir eine erste Pause ein. Es ist 10.30 Uhr und hier ist das Cafe Möwen Nest direkt oben auf dem Deich mit lecker Kuchen und Blick auf den kleinen Hafen. Da kann ich nicht nein sagen. Von hier oben sind die riesigen Apfelplantagen gut zu erkennen. Nach kurzer Pause gehts weiter. Es dauert nicht lange (etwas mehr als 1 Stunde) und der nächste Stopp steht an. Heute lassen wir uns viel Zeit, denn Hamburg ist nicht mehr weit. Auf einem der Höfe gibt es einen Hofladen und der bietet leckere Kirschen an. In dieser Jahreszeit ein „Must Have“. Natürlich schliesen wir hier sofort Freundschaft mit dem Hofhund Diego, nutzen die sanitären Einrichtungen und fahren gestärkt weiter.

In Cranz erreichen wir die Hamburger Stadtgrenze und kurz danach das Gelände von Airbus, welches wir fast komplett umrunden müssen, um an den Anleger Rüschpark zu gelangen. So groß hatten wir es uns nicht vorgestellt, wirklich beeindruckend. Eins der großen Transportflugzeuge (Guppy) steht auf dem Rollfeld. An der Haltestelle Rüschpark müssen wir nicht lange warten, bis der Dampfer kommt und in wenigen Minuten haben wir die Elbe überquert und sind in Teufelsbrück wieder auf festem Boden. Gerade als wir aussteigen, schwebt über unseren Köpfen ein weiterer Guppy, der zur Landung auf der anderen Elbseite ansetzt. Direkt hier nehmen wir kurz für ein kleines Bier in der „Dübelsbrücker Kajüt“ Platz und beobachten das hektische Treiben zur Mittagszeit. Es ist erst 13.15 Uhr und unser Zimmer im Hotel Blankenese bestimmt noch nicht bezugsfertig. Deshalb lassen wir es langsam angehen. In Hamburg werden wir zwei Tage verbringen, bevor wir zurück nach Leer aufbrechen. Vom Elbstrand geht es etwas bergauf Richtung Klein-Flottbek und dann die Osdorfer Landstrasse entlang zum Hotel Blankenese in Iserbrook (eigentlich komisch). Hier kennen wir uns aus und brauchen weder Karte noch GPS-Unterstützung. Um 14.00 Uhr beziehen wir unser Zimmer. Alles bestens. Vorher habe ich mir noch eine „Lütte Bild“ gekauft, denn die gibt es bei uns in Hessen nicht. Damit kann man sich so schön gemütlich aufs Bett legen und schmökern.

Heute treffen wir uns mit der Familie in Rissen im griechischen Restaurant „Großmutters Lächeln“. Nach dem Frischmachen und Umziehen beschliessen wir, zu Fuß nach Rissen zu laufen, denn es ist noch so früh und das Wetter spielt auch mit. Auf dem Weg lassen wir in einer Apotheke die Impfzertifikate digitalisieren, um nicht immer den gelben Impfpass vorzeigen zu müssen. Außerdem checken wir den Bahnhof Iserbrook, wie wir mit unseren schweren Rädern Übermorgen auf den Bahnsteig kommen. Es gibt eine Rampe und sollte somit keine Probleme bereiten.

Der Weg ist doch etwas länger als gedacht. Trotzdem erreichen wir pünktlich um 17.30 Uhr das Lokal. Ein großer Tisch und viele Nichten und Neffen mit Kindern und deren Freunde sind schon da. Wir bestellen Getränke und stoßen erst einmal an. Der Wirt bot uns an, von allem etwas zu servieren und das tat er dann auch, allerdings jeweils in ziegfacher Ausführung. Es war viel zu viel und völlig übertrieben. Außerdem hatte er bisher noch nichts zum Preis gesagt. Das Essen war zwar total lecker, aber trotz Mitnahmemöglichkeiten, blieb sehr viel übrig. Da meine Gattin seit kurzer Zeit Rente bekommt, wollte sie einen ausgeben und hatte vor der Bestellung mitgeteilt, heute die Rechnung für das Essen zu übernehmen. Natürlich stand sie zu ihrem Wort, obwohl sie sicher nicht mit so einer hohen Summe gerechnet hatte. Egal, es war ein toller Abend. So müssen die Römer damals ihre „Fress-Orgien“ abgehalten haben.

Der Abend war mit dem Essen aber noch nicht zu Ende, denn es stand ja noch ein Fußballspiel (Deutschland-Ungarn) der WM auf dem Programm. Dafür wechselten wir den Ort und quartierten uns kurzer Hand bei Manni ein, unserem Neffen, denn er wohnt nur wenige Meter vom Lokal entfernt. Die Stimmung war sehr gut. Vielleicht haben auch die vielen kleinen „Ouzo-Bomben“ beim Griechen dazu beigetragen, aber wir waren beim Fußballspiel vor dem Fernseher nur noch zu zweit. Alle anderen haben die Gespräche aus dem Lokal im Nebenraum fortgesetzt. Es gab so viel zu erzählen, denn wir hatten uns ja auch lange nicht gesehen. Nach dem Spiel fuhren wir mit dem Taxi zurück ins Hotel. So gegen 24.00 Uhr lagen wir im Bett. Ein toller Tag war zu Ende. Gute Nacht.

2. Tag in Hamburg

Die Nacht war sehr ruhig. Diesmal haben wir nicht so gut geschlafen, denn das Kopfkissen entsprach nicht unserem Qualitätsansprüchen. Da sieht man mal wieder, wie wichtig ein gutes (oder eignes) Kopfkissen ist. Leider können wir auf Radtouren keins mitnehmen. Nach einer Dusche gehen wir zum Frühstück ins Nachbarhaus und werden dort maßlos enttäuscht. Wir haben hier schon mehrfach übernachtet und waren mit dem Frühstück eigentlich immer zufrieden. Das Buffet war diesmal nur spärlich ausgestattet und das Rührei ungenießbar. Es war das schlechteste Frühstück der gesamten Tour. Hier hat Corona Spuren hinterlassen, denn das Hotel ist noch nicht wieder auf dem alten Standard. Wir werden es heute durch spontane Verköstigungen auf unserem Spaziergang runter zur Elbe ausgleichen. Schnell zurück aufs Zimmer, aufräumen und dann los.

Zu Fuß gehen wir Richtung Marktplatz in Blankenese. Leider wird der Platz zur Zeit renoviert. Dehalb findet kein Markt statt. Schade, denn hier gibt es eigentlich immer etwas zu probieren. Weiter geht es die Treppen runter zur Elbe mit einer Pause auf dem Ponton im „Op´n Bulln“. Jeder eine Fritz-Cola und bei Sonnenschein auf die Elbe schauen. Einfach herrlich. Heute kein Alkohol!

Zurück geht es hoch und über den Baurs Park zum Bahnhof Blankenese. Mit der S-Bahn fahren wir für kleines Geld nach Othmarschen (ist sicher auch Kurzstrecke), denn wir wollen nach langer Zeit mal wieder durch die Waitzstraße bummeln. Angekommen finde ich endlich einen Bäcker, der noch eine große Rumkugel im Angebot hat. Sehr zu empfehlen. Etwas weiter oben teste ich noch eine Currywurst auf die Hand – auch o.k.

Zu Fuß geht es über Klein-Flottbek (leider auch kein Markt) und das Elbe-Einkaufszentrum zurück. Hier kaufen wir noch einen kleinen Blumenstrauß, denn heute um 16.00 Uhr werden wir unsere Freunde aus Iserbrooker Zeiten Bärbel und Jürgen treffen. Einen Abstecher über den Botterbarg, wo wir früher wohnten, leisten wir uns auch noch. Nach dem langen Marsch haben wir eine Pause bei einem Bäcker neben dem Hotel mehr als verdient. Zurück auf dem Zimmer steht kurzes Relaxen auf dem Programm, bevor es wieder los geht.

Wir fahren rechtzeitig mit dem Rad los nach Sülldorf, wo Bärbel & Jürgen seit einigen Jahren wohnen. Als wir ankommen, stehen beide schon auf dem Balkon und erwarten uns. Nach herzlichen Umarmungen (ungewohnt, aber sehr schön) gibt es Kaffee und lecker Erdbeerkuchen auf der Terrasse. An Gesprächsstoff mangelt es uns nicht, denn auch wenn wir fast wöchentlich telefonieren, gibt es vieles zu erzählen und zu erfahren.

Zum Abend lassen wir uns eine Pizza liefern und brechen um 20.00 Uhr wieder auf. Wir wollten heute nicht so spät zurück sein, denn Morgen geht es zurück nach Leer, wo unser Auto wartet und wir noch einmal übernachten. Zum Abendkrimi liegen wir erschöpft auf dem Bett und es dauert nicht lange und die Augen fallen zu. Bis Morgen.

Von Hamburg nach Leer (mit der Bahn)

Heute haben wir besser geschlafen. Nach Duschen und Anziehen buche ich unsere Reise von Hamburg Hauptbahnhof bis nach Leer über das Handy, kostet zusammen 37,20 €. Dann alles zusammenpacken und hoffen, dass das Frühstück heute besser ist. War leider nicht! Kurz nach 9.00 Uhr stehen wir auf dem Bahnsteig in Iserbrook und bereits um 9.45 Uhr sind wir am Hauptbahnhof. Da der Zug nach Bremen erst um 11.15 Uhr abfährt, laufen wir noch mit den Rädern durch die Spitaler Straße und machen bei einem Bäcker in der Mönckebergstraße eine Kaffee-Pause. Danach noch Schmöker-Zeitungen kaufen und ab zum Zug. Wir fahren mit einem Metronom-Zug. Es gibt einen ganzen Waggon nur für Fahrräder mit ebenerdigem Einstieg, perfekt. Wir fahren pünktlich ab. Die Fahrt verläuft sehr ruhig. In Bremen angekommen, verlassen wir den Bahnhof, um kurz ohne Maske durchzuatmen, denn wir haben ca. 30 Minuten Zeit bis zur Weiterfahrt.

Jetzt fahren wir mit der Deutschen Bahn weiter. Der für Fahrräder gekennzeichnete Waggon hat einen engen, mehrstufigen Einstieg. Eine Frechheit! Und drinnen müssen wir wieder mehrere Stufen runter. Mit unseren schweren Rädern eine absolute Zumutung. Das ganze muss beim Ausstieg noch einmal bewältigt werden. Um 14.15 Uhr erreichen wir pünktlich Leer und bekommen von anderen Reisenden Hilfe beim Ausstieg. Der Weg ins Hotel SophienCafe dauert nicht lange. Wir beziehen unser Zimmer und ich hole unser Auto aus der Nebenstraße zurück auf den Hotelparkplatz.

Nachden wir uns etwas frisch gemacht haben und schon erste Dinge ins Auto geladen haben, laufen wir zu Fuß in die Altstadt. Zwei Störtebeker am Museumshafen haben wir uns verdient. Danach steht im Haus Hamburg ein leckeres Abschluß-Fischessen (mein erster Knurrhahn) an, bevor wir zurück zum Hotel laufen. Ausruhen ist heute besonders wichtig, denn Morgen früh steht die Rückfahrt an und die ist diesmal doppelt so lang wie bei der Hinfahrt (über 600 km). Wir sind beide etwas traurig, dass die Tour schon zu Ende ist und wundern uns, wie schnell 12 Tage vergangen sind.

Von Leer nach Hause

Wir haben gut und für unsere Verhältnisse lange geschlafen, fast bis 6.30 Uhr. Das Frühstück ist besser, als wir es in Erinnerung hatten. Daraufhin heben wir die Bewertung etwas an. Die Rückfahrt verläuft ohne Zwischenfälle. Natürlich rassel ich im Kölner Raum wieder in eine Radarfalle, aber das kann die gute Stimmung nicht trüben. Eines wissen wir jetzt schon genau. In 2022 steht die nächste größere Tour an und die dauert mindestens 12 Tage.

Wir haben auch diesmal wieder so viel erlebt und gesehen. Alle Gastgeber haben sich sehr viel Mühe gegeben, uns unter erschwerten Bedingungen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Das Wetter war nicht immer unser Freund und der Wind gehört nun mal zur Nordsee. Er konnte sich oft nicht entscheiden, aus welcher Richtung er uns nerven will. Die Panne mit dem Rad ist ja zum Glück gut ausgegangen. Stundenlange Fahrten durch die Schafe und den leckeren Fisch werden wir vermissen. Die neuen Seesäcke haben dem Regen standgehalten und sind beim nächsten Mal wieder dabei. Es war mal wieder alles drin, bei der Tour auf dem Nordseeküstenradweg.

Ende