Rheinradweg

Von Dieburg nach St.Goar

Ohne meinen Schatz auf Tour zu gehen, war für mich etwas völlig Neues und um es gleich vorweg zu nehmen, und wahrscheinlich auch Einmaliges, denn es fehlte etwas. Stundenlang den Radweg entlang fahren und mit niemanden die Landschaft zu genießen, macht nur wenig Spaß. Selbst das kühle Pils im Biergarten schmeckt gemeinsam besser. Aber nun zurück zu meiner Tour von Dieburg über Mainz nach Köln. Der Rheinradweg zählt sicher zu den längsten Fluss-Radwegen in Deutschland  und wir haben bisher nur kleine Teile davon erkundet. Das wollte ich ändern. Am Montag, dem 1.7.2013 fuhr ich mit meinem Rad nach Dieburg und nahm den Zug nach Mainz. Die Fahrt dauert ca. eine Stunde, wobei wir in Darmstadt fast 30 Minuten Aufenthalt hatten. Die Fahrt kostete 11,- €. In Mainz angekommen ging es sofort runter zum Rheinufer und dann über die Theodor-Heuss-Brücke auf die rechte Seite. Hier bin ich dann bei herrlichem Sonnenschein eine ganze Weile geradelt. Die Ausschilderung auf diesem Teil der Strecke könnte sicher besser sein.

DSCN1235Nach einer kurzen Pause in einem Biergarten direkt am Wasser, habe ich Tony, einen Radler-Kollegen aus England getroffen und wir sind den Rest des Tages zusammen geradelt. Tony wollte auf seiner ersten Radtour Deutsch lernen, hatte aber noch nicht damit angefangen, sodaß unsere Gespräche komplett in Englisch abliefen. Für mich war das ein richtig gutes Training für meinen Englisch-Kurs, den ich aktuell  besuche. In Rüdesheim haben wir per Fähre (2,30 €) die Seite gewechselt. Unser Tagesziel sollte St.Goar genau gegenüber der Loreley sein. Tony wollte dort zelten und ich wollte mir ein günstiges Zimmer im Ort suchen. Ich hatte nicht vorher gebucht, weil ich erst abwarten wollte, wie weit ich komme. Der Radweg ist hier ganz o.k., aber oft dicht an der Straße. Wir kommen sehr gut voran und ich schlage vor, sobald wir unseren Zielort erreicht haben, ein nächstes Bier zu verkosten. Mein Vorschlag wird von Tony energisch unterstützt. Rechts und links tauchen immer wieder Burgen und Schlösser auf, eine wirklich beeindruckende Landschaft und überall sind Weinberge zu erkennen. Vater Rhein windet sich hier ganz schön. Mal sind die Bahngleise links und dann wieder zwischen uns und dem Wasser, aber immer ganz dicht. Alle paar Minuten donnern die Züge vorbei. Da die meisten Orte in der Regel nur aus einer Straße bestehen, haben die Bewohner einiges auszuhalten.

DSCN1254In St.Goar angekommen trinken wir gleich am Orteingang erst einmal ein kühles Bier, um uns danach zu verabschieden. Tony machte sich auf, den Campingplatz zu suchen und ich prüfte die örtlichen Pensionen. Ich wurde schnell fündig im Rhein Hotel direkt am Wasser. Das Zimmer war o.k. und ich konnte mein Rad sicher in einer Garage für die Nacht einschließen.

Nachdem ich meine Taschen ins Zimmer gebracht hatte, meldete ich mich erst mal zu Hause, denn mein Schatz wartete auf meinen Anruf. Danach eine erfrischende Dusche und dann machte sich der Hunger bemerkbar und ich beschloß den kleinen Ort nach einer geeigneten Lokalität abzusuchen. Eine Pizza war jetzt genau richtig. Leider war das versprochene Fassbier doch nur aus der Flasche, na ja was solls? Ich hatte gerade aufgegessen, da kam Tony die Straße hinunter. Der Campingplatz war geschlossen und er hatte sich kurzerhand ebenfalls ein Zimmer im Rhein Hotel genommen. Wir beschlossen, den Abend in einem Biergarten am Wasser zu verbringen. Tony hatte noch nicht gegessen und ich bekam endlich ein Gezapftes.

An nächsten Morgen nach einem kräftigen Frühstück ging meine Reise weiter Richtung Düsseldorf. Ich wollte mir zwei Brötchen für die Fahrt machen und fragte an der Rezeption nach einer geeigneten Tüte. Der junge Mann sagte mir, dass er pro Brötchen 2,- € berechnen muß. Ich verzichtete. So etwas hatte ich bisher noch nie gehört. Tony verließ etwas später unsere Unterkunft und war sicher, mich irgendwo wieder einzuholen. Ich habe ihn nicht wieder gesehen. Inzwischen habe ich wieder email-Kontakt. Er ist gut nach Hause gekommen.

Von St.Goar nach Bad Breisig (Bonn)

DSCN1269Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite und ich wechselte auf kurze Hose. Ich blieb auf der linken Rheinseite, den Fluß immer in Sichtweite. Ich kam unheimlich gut voran. Auch der Wind war freundlich gestimmt. Schlösser und Burgen begleiten meinen Weg. Um kurz vor 11.00 Uhr hatte ich Koblenz erreicht. Hier fließt die Mosel in den Rhein. In Koblenz waren viele Baustellen und die Überquerung der Mosel gestaltete sich umständlich. Ich brauchte sehr lange. Wieder zurück am Wasser (Rhein) befand ich mich nun am Deutschen Eck. Man kann hier den Rhein mit der Seilbahn überqueren. Man kann sogar sein Rad mit in die Kabine nehmen und auf der anderen Rheinseite wieder runter zum Ufer rollen. Ich machte davon aber keinen Gebrauch, sondern folgte weiter dem Flußlauf. Noch vor 15.00 Uhr erreichte ich Bad Breisig, mein geplantes Etappenziel. Ein kleiner, sehr von Touristen geprägter Ort. Mir gefiel es hier nicht. Es war zu voll und zu teuer. Ich durchquerte den Ort zügig.

DSCN1293Kurz hinter Bad Breisig überkam mich ein schmerzhafter Stechdurst. Direkt am Wasser war ein Biergarten und ich bestellte ein großes, kühles Kölsch. Ich holte meine Karte raus und plante neu. Wie weit würde ich bei schönstem Wetter heute noch kommen? Wo sollte ich übernachten? Ich hatte mein neues Handy inkl. Internetzugang dabei. Leider konnte ich es noch nicht sehr gut bedienen. Ich schwankte kurz zwischen einem zweiten Kölsch und der Weiterfahrt, entschied mich dann aber dafür die Fahrt fortzusetzen. Ich war sicher irgendwo auf dem Weg nach Bonn eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Die nächsten Kilometer vergingen wie im Flug. Lag es am Kölsch?

 

Es dauerte nicht lange und ich passierte die Brücke von Remagen (auf beiden Seiten nur noch Reste vorhanden). Heute ist hier ein Friedensmuseum untergebracht. Echt beeindruckend. Etwas später (ca. 16.00 Uhr) durchfuhr ich Rolandseck. Jetzt war der richtige Zeitpunkt einen Entschluß zu fassen: Ich werde mir spätestens in Bonn eine Unterkunft zu suchen. Leider fand ich bis dahin am Ufer kein Hinweis auf eine Unterkunft. Ich mußte also nach Bonn rein. Ich kam zuerst durch das Diplomatenviertel, wußte es aber nicht. Ich fragte in einer kleinen Pension nach einem Zimmer. Eins wäre noch frei gewesen, aber 125,-€ waren mir deutlich zu viel. Ich erinnerte mich an das GSI (Gustav-Stresemann-Institut) in dem ich dienstlich schon mehrmals übernachtet hatte. Ich kam Dank meines Handys so gegen 17.30 Uhr bei der GSI an. Ich dachte, die werden auf mich gewartet haben und sicher ein Zimmer für mich haben. Pustekuchen, alle Zimmer belegt oder reserviert. Die netten Damen an der Rezeption telefonierten umliegende Hotels ab, aber überall die gleiche Antwort: Wir sind ausgebucht. Den Damen tat ich wohl leid, denn sie entscheiden, mir ein reserviertes Zimmer zu geben. Der Gast war noch nicht angereist, also kommt er wohl nicht mehr. Ich war wirklich erleichtert, denn für Bonner Verhältnisse ist es hier echt günstig und gut. Als besonderen Service durfte ich außerdem mein Rad im Büro des Chefs übernachten lassen, denn eine abschließbare Garage haben sie hier leider nicht. Super. Nachdem ich mein Zimmer bezogen und ausgepackt hatte meldete sich ein leichtes Hungergefühl. Ich kannte einen Chinesen mit Terrasse in der Nähe und genoß den lauen Abend mit einem kühlen Pils vom Fass. Auch eine Meldung nach Hause wollte noch abgesetzt werden. Während ich auf das Essen wartete, informierte ich mich über das Wetter für den nächsten Tag. Katastrophale Aussichten. Es wurde starker Regen angekündigt. Toll. Aber jeder weiß doch, wie oft die Wetterfrösche daneben liegen. Mein Optimismus half mir, den Appetit nicht zu verlieren und den Abend zu geniessen. Die Nacht war ruhig und das Frühstück hervorragend.

DSCN1306Guten Morgen liebe Sonne wollte ich noch rufen, als ich nach dem Frühstück mein Rad zum Beladen aus dem Chef-Büro holte, aber der Himmel war nur grau. Wo würde mich der Wind heute hintreiben? Ich nahm mir vor, in Richtung Düsseldorf aufzubrechen. Jutta & Günter oder Mathias oder beide besuchen. Die ersten Tropfen auf meiner Brille, da hatte ich Bonn noch nicht einmal verlassen. Die Stadt stand gerade erst auf, Menschen machten mit ihren Hunden die übliche Morgenrunde und ich fuhr linksrheinisch Richtung Düsseldorf – so dachte ich. Wasser von rechts und von oben. So hatte ich mir den Rheinradweg nicht vorgestellt. Ich versuchte am Himmel Veränderungen wahrzunehmen, aber es blieb einheitlich grau bis dunkelgrau. Als Brillenträger mit Kapuze ist das Sichtfeld ohnehin sehr stark eingeschränkt und ich hatte Mühe wenigstens die Wegweiser nicht zu übersehen. Entweder es gelang mir nicht immer oder der Radweg war schlecht ausgeschildert. Gut das meine Radkarte wasserfest war, denn sonst wäre ich wohl heute noch unterwegs. Immer wieder suchte ich Schutz unter Brücken oder Hauseinfahrten. Es machte keinen Spaß. Ich tat mir leid.

DSCN1307Das Hochwasser am Rhein hatte vor einigen Wochen die Radwege ohnehin stark aufgeweicht und nun hatte der Regen leichtes Spiel. Der Boden konnte kein Wasser mehr aufnehmen. Ich mußte teilweise durch knöcheltiefes Wasser fahren. Ich entschied für mich, wenn es bis Köln Innenstadt immer noch regnet, breche ich die Tour ab und es geht retour nach Hause, wie auch immer. Die Sicht wurde immer schlechter.  Ich schwitze unter meinem Cape und bin darunter genauso nass wie darüber.

Ich kam an den berühmten Kranhäusern vorbei und konnte den Dom am Horizont bereits sehen. Der Regen wurde weniger, hörte aber nicht auf. Die Kölner Innenstadt war nicht mehr weit. Gegen 11.30 Uhr verließ ich den Rhein und bog links ab Richtung Hauptbahnhof . Hier wollte ich mich über die Rückreisemöglichkeiten informieren. Ich hätte bis Düsseldorf noch ca. 50 km gehabt, aber die Schnauze gestrichen voll. Zum Glück gab es ein Parkhaus für Fahrräder am Bahnhof und ich konnte Pony und Gepäck gegen einen kleinen Obolus sicher unterstellen.

Auf meinem Weg wurde ich viele Kilometer von den Bahngleisen begleitet und ich erinnerte mich an die Aufschrift „Transregio Mittelrheinbahn“, an den vorbei rasenden Zügen. Diese Linie würde mich und mein Fahrrad ohne Reservierung zurück nach Mainz bringen und von dort kannte ich den Weg. Im Kölner Hauptbahnhof suchte ich nach dem Transregio, aber der stand auf keinem Plan. Diese Züge haben ihre eigenen Aushänge und auch eigene Fahrkartenautomaten in gelb. Ich kaufte eine mir eine Karte (32,70 € + 5,- € für das Fahrrad). Damit konnte ich bis Mainz fahren.

Die Karten in der Tasche informierte ich meinen Schatz zu Hause über meinen Plan und sagte mein Abendessen bei Mathias ab. Da die Bahn nicht so häufig fährt, hatte ich noch ausreichend Zeit etwas gegen Hunger und Durst zu unternehmen. Dann mein Rad samt Gepäck aus dem Parkhaus befreit und rechtzeitig mit einer Zeitung bewaffnet den Bahnsteig aufgesucht. Wer weiß, wie viele Räder dort schon warten. Hoffentlich komme ich mit. Ich sah aus wie eine Sau.

Der Zug kam pünktlich und Maschine und Mensch fanden ausreichend Platz. Die Fahrt verlief ohne besondere Vorkommnisse. Auch Mainz erreichte ich planmäßig und stieg in den Zug nach Dieburg um. Am Zielbahnhof in Dieburg erwartete mich mein Schatz und wir kehrten gemeinsam für ein leckeres Abendessen ein.

Fazit: Der Rheinradweg führt lange an sehr befahrenen Straßen entlang und ist besonders am Anfang schlecht ausgeschildert. Er  war, bedingt durch das Hochwasser teilweise mit Schlamm bedeckt und oft sehr weich. Auf den sandigen Abschnitten rollte es nicht so gut. Es gibt viele Möglichkeiten zum Einkehren und die Kulisse mit den vielen Burgen und Schlössern ist wirklich spektakulär, aber alleine ??. Jeder Radweg der Welt hätte bei diesem Wetter Probleme gehabt, in meine Favoritenliste zu kommen.

Ende